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Schweiz: Sonne, Schnee und Schiebeinheiten : Balzers - Bellinzona, 17.2.-20.2.21

Wir wagen es noch einmal – aller guten Dinge sind ja bekanntlich 3! Nach 3 Monaten zu Hause geht es nun wieder los. Dieses Mal soll es in den Süden gehen: über Italien und Slowenien in den Balkan. Soweit die Idee. Wir sind offen und flexibel und nehmen es wie es kommt. Das hat Covid-19 uns ja alle zur Genüge gelehrt.


Die Zeit daheim haben wir nebst arbeiten und Familie und Freunden geniessen (so gut es eben ging) auch unseren Velos gewidmet. Wir tüfteln und optimieren gerne, so gibt es immer ein bisschen was zu tun. Wir haben grössere Bremsscheiben montiert und selbst ein kleines, leichtes Injektor-Tool zum Fetten der Chris King Tretlager gebastelt. Unsere Rahmentaschen erhielten ein optisches Upgrade mit Weltkarten- und Logoaufkleber. Besondere Freude haben wir an unseren doppelten Flaschenhalter an der Gabel. Sie sind praktisch und flexibel einsetzbar. So finden darin nicht nur Wasserflaschen Platz, sondern z.B. auch unsere Matten oder andere Gepäckstücke. Jetzt müssen sie sich nur noch im Radleralltag bewähren.


Dem Rheindammm entlang radeln wir Richtung Chur. Über den Polenweg fahren wir von Domst/Ems nach Rothenbrunnen. Der Weg wurde 1940 von internierten Polen erbaut. Ein wunderschöner ruhiger Weg im Wald. Eigentlich. Jetzt liegt noch Schnee, gut 20 cm und weich. Für uns bedeutet das schieben. Murgänge, Lawinen und umgestürzte Bäume lassen immer wieder Hindernissparcours-Feeling aufkommen. Für 4 km brauchen wir 3.5 h und ein Grossteil unserer Kräfte. Der Ausblick auf die schöne Flusslandschaft des Hinterrheins entschädigt für die Strapazen - zumindest teilweise.

Weiter geht es nach Thusis und auf der alten Kantonsstrasse dem San Bernardinopass entgegen. Die Strecke ist Teil der Nationalen Veloroute 6 und bestens ausgeschildert. Doch viel Spielraum gibt es eh nicht, es geht einfach immer nach oben. :) Bei strahlendem Sonnenschein radeln wie vorbei an der Viamala und Rofla-Schlucht, durch das herzige Andeer und das malerische Walserdorf Splügen. Wir befinden uns zwischen Winter und Frühling. Kunstwerke aus Eiszapfen zieren die Felswände. In schattigen Tälern ist die verkehrsarme Strasse noch schneebedeckt. Zum Glück aber sehr gut befahrbar. An sonnigen Stellen können wir unsere müden Beine ausstrecken und uns von den wärmenden Strahlen verwöhnen lassen.


Wir finden gefallen am Radfahren in den Bergen. Es macht uns ruhig und gelassen. Langsamkeit ist vorprogrammiert. Wir akzeptiert sie und schätzen sie sogar.


Die Nächte sind kalt. In Splügen suchen wir uns deshalb ein etwas wärmeren Ort um unser Zelt aufzustellen. Wiedereinmal sind wir ab der schweizerischen Hilfsbereitschaft überrascht. Gefühlt das halbe Dorf hilft uns bein der Suche. Im leeren Heustock einer gastfreundlichen Bauernfamilie werden wir schliesslich fündig. Hier sinkt das Thermometer nur auf -1 Grad, während es draussen bis auf -8 fällt.


Die San Bernardinopasstrasse befindet sich noch in Wintersperre. Wir radeln deshalb nur bis nach Hinterrhein zum Tunnelnordportal und steigen da in den Bus nach San Bernardino Villagio. Dort starten wir die wohlverdiente Abfahrt. Es ist wunderschön. Obwohl wir schon etliche Male motorisiert ins Tessin gefahren sind, fühlt es sich an, als kämen wir zum ersten Mal hier entlang. Wir nehmen die Landschaft, die italienisch anmutenden Örtchen mit ihren schmucken Kirchen und märchenhaften Steinhäuschen ganz anders wahr. Perspektive ist alles. Deshalb lieben wir Radreisen so.


Bevor wir Bellinzona erreichen, schlagen wir unser Zelt bei einem Rustici mit Ziegenstall auf. Der Eigner, ein ältere Herr, der gerade mit Hilfe eines Freundes dabei ist seinen klapprigen Piaggio mit Holz zu beladen, gibt uns die Erlaubnis dafür. Wir sprechen kaum Italienisch, sie kaum Deutsch, doch wir verstehen uns. Mit einem lachenden “Gute Nacht” knattern sie wirkend davon. Wir schicken ein “Buona notte” hinterher. In der Abendsonne lassen wir denn Tag ausklingen bevor wir ins Zelt schlüpfen. Ist das Leben nicht wunderbar?



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